Beschlussvorlage - GV Bolte/17/11540

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Sachverhalt:

  1. Sachbericht:

Am 18. Januar 2017 wurde im Amt Klützer Winkel von einem Vertretungsberechtigten ein Bürgerbegehren (Anlage 1) mit der Forderung eines Bürgerentscheids gerichtet an den Amtsvorsteher und den Bürgermeister der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen  vorgelegt. Die Frage lautet: „Sind Sie dafür, dass KEINE aufgeständerte Dünenpromenade auf der Düne im Ostseebad Boltenhagen gebaut wird?“ Unterschriften von 281 Bürgern waren dem beigefügt.

Mit Bescheid des Amtes Klützer Winkel vom 31. März 2017 wurde den Vertretungsberechtigten mitgeteilt, dass die Gemeindevertretung der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen in ihrer Sitzung am 16. März 2017 festgestellt hat, dass das beantragte Bürgerbegehren zur Durchführung eines Bürgerentscheids zur vorgenannten Frage zwar materiell, aber formell unzulässig ist.

Mit Schreiben vom 20. April 2017, gerichtet an das Amt Klützer Winkel, eingegangen am 21. April 2017 legten die Initiatoren des Bürgerbegehrens Widerspruch gegen den Bescheid des Amtes Klützer Winkel vom 31. März 2017 ein und beantragen die Rücknahme des Verwaltungsaktes und die Zulassung des Bürgerbegehrens zur Durchführung eines Bürgerentscheids.

Mit Schreiben vom 24. April 2017 übersandten die Vertretungspersonen für das Bürgerbegehren zur Forderung eines Bürgerentscheids und Widerspruchsführer das um folgende Empfänger: Gemeinde Ostseebad Boltenhagen, den Bürgermeister der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen und das Amt Klützer Winkel ergänzte Widerspruchsschreiben vom 20. April 2017 (neu datiert 24. April 2017). Inhaltliche Änderungen erfolgten nicht.

 

  1. Entscheidung

Das Bürgerbegehren ist auch nach nochmaliger Prüfung hinsichtlich seiner formellen Voraussetzungen unzulässig. Der Widerspruch ist zurückzuweisen.

 

  1. Rechtliche Stellungnahme

Die Gemeindevertretung des Ostseebad Boltenhagen ist zur Entscheidung über den Widerspruch sachlich und örtlich zuständig. (§ 73 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO) Widerspruchsbehörde ist nach § 127 Abs. 1 Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) das Amt Klützer Winkel, vertreten durch den Amtsvorsteher.

 

  1. Zulässigkeit

 

a) Es handelt sich hier um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, nach § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO.

 

b)Die Vertretungsberechtigten begehren mit ihrem Widerspruch vom 20. April 2017 die Aufhebung des Beschlusses der Gemeindevertretung und daraus schlussfolgernd die Feststellung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Es handelt sich mithin um einen Verpflichtungswiderspruch (§ 68 Absatz 2, Absatz 1 Satz 2 VwGO, § 42 Absatz 1 Alt. 2 VwGO).

 

c) Die Widerspruchsbefugnis ergibt sich aus § 20 Absatz 5 Satz 4 KV M-V, danach besteht ein Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, wenn sämtliche Zulassungsvoraussetzungen gegeben sind. § 15 Absatz 1 Satz 6 Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung M-V (KV-DVO) sieht vor, dass die Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des eingereichten Bürgerbegehrens den Vertretungspersonen nach § 14 Absatz 2 KV-DVO bekannt zu geben ist, damit ist die Widerspruchsbefugnis für die Vertretungspersonen gegeben.

 

d) Der Widerspruch wurde mit Schreiben der Vertretungsberechtigten vom 20. April 2017, Eingang im Amt Klützer Winkel am 21. April 2017 eingelegt. Der Bescheid des Amtes Klützer Winkel vom 31. März 2017 galt nach § 41 Absatz 2 VwVfG am 04. April 2017 als bekannt gegeben, so dass die Monatsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO am 03. Mai 2017 endete. Damit wurde der Widerspruch form- und  fristgemäß eingelegt.

 

e) Der Widerspruch wurde durch die Vertretungsberechtigten an das Amt Klützer Winkel, vertreten durch den Amtsvorsteher gerichtet, so dass die Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit nach § 11 VwVfG M-V gegeben ist.

 

Der Widerspruch ist formell zulässig.

 

  1. Begründetheit

Der Widerspruch ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Amtsvorstehers des Amtes Klützer Winkel vom 31. März 2017 ist nicht rechtswidrig; die Beteiligten des Bürgerbegehrens werden dadurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Der Widerspruch ist auch nicht unzweckmäßig im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

 

a)      Anspruchsgrundlage für die Durchführung eines Bürgerentscheids ist § 20 Absatz 1 Satz 1, Absatz 4, Absatz 5 Satz 4 KV M-V in Verbindung mit den §§ 14 und 15 KV-DVO. Danach entscheidet die Gemeindevertretung unverzüglich im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.

 

b)      Danach wäre der Beschluss der Gemeindevertretung vom 16. März 2017 rechtswidrig, wenn das von den Vertretungspersonen vertretene Bürgerbegehren formell und inhaltlich zulässig wäre.

Nach § 20 Abs. 5 Satz 4 KV M-V ist die Gemeindevertretung für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zuständig. Der Sitzung der Gemeindevertretung am 16. März 2017 ist die ordnungsgemäße Ladung vorausgegangen, die Gemeindevertretung war mit 12 Mitgliedern zur Sitzung anwesend und hat mehrheitlich mit 7 Stimmen (Ablehnung 5 Stimmen) über den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids vom 18. Januar 2017 abgestimmt.

Die Gemeindevertretung stellte fest, dass das vorliegende Bürgerbegehren zwar materiell aber hinsichtlich der formellen Voraussetzungen unzulässig ist.

 

Die Beschlussfassung erfolgte in öffentlicher Sitzung.

 

Der Beschluss der Gemeindevertretung ist somit formell rechtmäßig zustande gekommen.

 

c)      Der Bescheid vom 31. März 2017 ist auch materiell rechtmäßig. Ein Bürgerbegehren ist nach § 20 KV M-V in Verbindung mit §§ 14 und 15 KV-DVO nur zulässig, wenn sämtliche Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Zulassungsvoraussetzungen sind:

 

  1. Der Gegenstand des Bürgerbegehrens darf nicht unter den „Negativkatalog“ des § 20 Abs. 2 KV M-V fallen.

Die zu stellende Frage „Sind Sie dafür, dass Keine aufgeständerte Dünenpromande auf der Düne im Ostseebad Boltenhagen gebaut wird?“ und damit der Gegenstand des Bürgerbegehrens fällt nicht unter den Katalog des § 20 Abs. 2 KV M-V. Somit ist diese Zulassungsvoraussetzung erfüllt.

 

  1. Das Bürgerbegehren muss nach § 20 Abs. 5 KV M-V bei dem richtigen Adressaten schriftlich (Antrag unterzeichnet von den Vertretungsberechtigten) eingereicht worden sein.

Der Antrag auf Durchführung des Bürgerbegehrens wurde am 18. Januar 2017 adressiert an den Amtsvorsteher und den Bürgermeister der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen unterzeichnet von zwei der drei Vertretungsberechtigten im Amt Klützer Winkel eingereicht.

Damit mangelt es an der Einhaltung der Schriftform sowie des richtigen Adressaten; hier der Gemeindevertretung. Ebenso ist die dritte fehlende Unterschrift, wie im Ausgangsbescheid dargestellt nicht vorhanden, sodass die Zulässigkeitsvoraussetzung auch nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht erfüllt ist.

 

Die im Widerspruch durch die Antragsteller vorgetragene Begründung, dass sie diesen Formfehler als bedeutungslos beurteilen und als nicht erforderlich ansehen und es bedeutsamer empfinden, dass sie zum Zeitpunkt der Entgegennahme des Antrages am 17. Januar 2017 weder durch die leitende Verwaltungsbeamtin oder den Amtsvorsteher noch durch den ehrenamtlichen Bürgermeister darauf aufmerksam gemacht wurden, dass diese nicht empfangsberechtigt sein könnten, führt nicht dazu, dass dadurch die formelle Rechtmäßigkeit hergestellt wird. Weder der Amtsvorsteher, die leitende Verwaltungsbeamtin und der Bürgermeister wären verpflichtet gewesen, die Initiatoren des Bürgerbegehrens darauf hinzuweisen, wer richtiger Adressat ist und dass die Antragsteller (hier die drei benannten Vertretungsberechtigten) gemeinschaftlich unterzeichnen müssen.

 

  1. Richtet sich ein Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung, muss er innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses gestellt werden, es sei denn, der Beschluss wurde noch nicht durchgeführt (§ 20 Abs. 4 KV M-V). Vorliegend richtet sich der Antrag der Vertretungsberechtigten gegen den Beschluss der Gemeindevertretung vom 17. November 2016 (Beschluss.: GV Bolte/05/394/2016). Damit endete die in § 20 Absatz 4 Satz 2 Kommunalverfassung M-V festgelegte 6-Wochen-Frist am 29. Dezember 2017.

 

Durch die bislang in Umsetzung der gemeindlichen Beschlüsse entstanden Aufwendungen in Höhe von ca. 60 TEUR (Planungskosten) wurde das Vorhaben bereits begonnen. Damit ist die im § 20 Absatz 4 Satz 2 Kommunalverfassung M-V festgelegte 6-Wochen-Frist überschritten und das Bürgerbegehren hinsichtlich dieser Voraussetzung als unzulässig zu werten.

 

Der Bau der Dünenpromenade ist unstrittig eine Baumaßnahme. Durch die vorangegangenen gemeindlichen Beschlüsse sind bereits in deren Umsetzung Auszahlungen in Höhe von ca. 60 TEUR (Planungskosten) entstanden.

 

Entgegen der Auffassung des Widerspruchsführers regelt der § 44 LHO M-V in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift  zu § 44 LHO M-V lediglich den Beginn eines Vorhabens im förderrechtlichen Sinn.

 

Die Planungskosten sind zur Vorbereitung des Projektes angefallen und stellen wie im Schreiben des Amtes Klützer Winkel vom 29. Dezember 2016 und im Bescheid vom 31. März 2017 dargestellt, den Beginn der Durchführung der Maßnahme im Sinne des § 20 Absatz 4 Kommunalverfassung M-V dar.

 

Damit ist festzustellen, dass mit der Durchführung der Maßnahme begonnen wurde, die Frist am 29. Dezember 2016 endete und der Antrag am 17. Januar 2017 zu spät einging. Damit sind die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt.

 

  1. Nach § 20 Absatz 5 Satz 3 KV M-V muss das Bürgerbegehren von mindestens 10 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet sein.

Mit 260 von den 281 eingereichten gültigen Unterschriften ist die erforderliche Mindestanzahl von 232 Unterschriften erreicht. In diesem Punkt sind die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt.

 

  1. Die durch das Bürgerbegehren zu entscheidende Frage muss hinreichend bestimmt und klar formuliert sein, der Inhalt muss vollziehbar sein.

Die gestellte Frage ist so formuliert, dass sie durch die Bürger bei der Abstimmung mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Diese Zulassungsvoraussetzung ist erfüllt.

 

  1. Nach § 20 Absatz 5 Satz 1 muss eine Begründung enthalten sein.

Das Bürgerbegehren enthält eine Begründung.

Die Begründung soll dazu dienen die Unterzeichner des Bürgerbegehrens über den tatsächlichen Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Hierzu verweise ich auf den Ausgangsbescheid, da sich die Sachlage nicht geändert hat.

 

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens erklären im Widerspruch, dass sich ihr Antrag nicht gegen die Dünenerhöhung im Rahmen des Hochwasserschutzes richtet, sondern gegen den Neubau einer aufgeständerten Dünenpromenade.

Weiterhin werden im Widerspruch die Sachstände der Vorhaben der Gemeindevertretung, die unter anderem in die Beschlussfassung zum Bau einer Dünenpromenade eingeflossen sind, bewertet. Für die Begründung zur Durchführung des Bürgerbegehrens sind diese Bewertungen nicht maßgebend. Im Ergebnis ist die Begründung inhaltlich für die Durchführung des Bürgerbegehrens nicht ausreichend. Insofern ist auch diese Zulassungsvoraussetzung nicht erfüllt.

 

  1. Nach § 20 Absatz 5 Satz 1 ist dem Bürgerbegehren ein durchführbarer Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme beizufügen.

Gemäß § 14 Absatz 5 Satz 4 KV-DVO ist vor Eintragung und Unterschriftengabe in die Antragslisten der Kostendeckungsvorschlag in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben.

Die Vertretungsberechtigten sind verpflichtet, für die durch das Bürgerbegehren zusätzlich entstehenden Kosten einen Deckungsvorschlag beizubringen.

Hierfür wurde durch die Vertretungsberechtigten nach § 20 Absatz 5 Satz 2 KV M-V Beratung durch die Amtsverwaltung in Anspruch genommen. Diese Beratung fand am 12. Januar 2017 zu den erwartenden geschätzten Kosten statt. Mit Schreiben datiert vom 10. Januar 2017 wurden diese Informationen schriftlich übergeben. Dem Antrag und auch den Antragslisten lag kein Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme bei.

 

Bei Nichtumsetzung des Projektes und damit dem Wegfall der bislang beantragten Förderung entstehen der Gemeinde Kosten, die durch einen entsprechenden Deckungsvorschlag den Unterstützern nachweislich hätten bekanntgegeben werden müssen, um die Voraussetzung des § 20 Absatz 5 KV M-V zu erfüllen. Die dargestellten Kosten sind so konkret, wie es dem derzeitigen Planungsstand entspricht ermittelt und mitgeteilt worden.

 

Im Übrigen wird auf den Ausgangsbescheid verwiesen. Damit ist die Voraussetzung zur Zulassung nicht erfüllt.

 

  1. Nach § 14 Absatz 2 KV-DVO muss das Bürgerbegehren bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten.

Das Bürgerbegehren benennt die 3 Vertretungsberechtigten, Herrn Swen Bertram, Herrn Dietmar Lehmann und Herrn Horst Piankowski und ist in diesem Punkt zulässig.

 

In den weiteren Punkten zur formellen und inhaltlichen Zulässigkeit wird nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage auf den Ausgangsbescheid verwiesen.

 

Da nicht alle formellen Voraussetzungen zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erfüllt sind, wird auf den Ausgangsbescheid verwiesen und festgestellt, dass der Widerspruch materiell unbegründet ist.

 

  1. Ergebnis

Nach vorstehender Prüfung ist festzustellen, dass der Widerspruch zwar formell zulässig aber materiell unbegründet ist und damit der Beschluss der Gemeindevertretung vom 16. März 2017 und der somit ergangene Bescheid des Amtes Klützer Winkel vom 31. März 2017 die Vertretungsberechtigten nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Der Widerspruch ist auch nicht unzweckmäßig im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

 

Damit wird der Beschluss der Gemeindevertretung vom 16. März 2017 über die Feststellung der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens bestätigt und der Widerspruch vom 20. April 2017 ist zurückzuweisen.

 

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Die Gemeindevertretung beschließt:

  1. Der Widerspruch wird zurückgewiesen. Das Bürgerbegehren ist auch nach nochmaliger Prüfung der formellen und materiellen Voraussetzung unzulässig.
  2. Den Vertretungspersonen ist die Widerspruchsentscheidung zuzustellen.
  3. Die Rechtsaufsichtsbehörde ist über diesen Beschluss zu informieren.

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

keine

 

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