Beschlussvorlage - BV/10/25/004
Grunddaten
- Betreff:
-
Widersprüche gegen die Kreisumlageerhebung
hier: Widerspruch gegen die Kreisumlageerhebung 2015 und 2016
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Finanzen
- Bearbeiter:
- Jana Maaß
- Verfasser/Antragsteller:
- Frau J. Maaß
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
|---|---|---|---|---|
|
●
Erledigt
|
|
Gemeindevertretung Zierow
|
Entscheidung
|
|
|
|
26.02.2025
|
Sachverhalt
Die Gemeinde Zierow, vertreten durch den Bürgermeister, hat jeweils für die Jahre 2015 und 2016 gegen die an sie gerichteten Kreisumlagebescheide Widerspruch eingelegt und die Ruhendstellung des Widerspruchsverfahrens bis zu einer Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren des Landkreises Nordwestmecklenburg gegen die Gemeinde Perlin erbeten. Der Landkreis hat dieser Verfahrensweise zugestimmt.
Das Verwaltungsstreitverfahren des Landkreises NWM gegen die Gemeinde Perlin über die Zahlung der Kreisumlage 2013 endete am 06.03.2024 vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald. Seit dem 25.04.2024 liegt ein schriftliches Urteil des OVG M-V vom 06.03.2024 (AZ: 2L 463/16/ 1A 387/14) vor. Herr Dr. Groteloh hat dieses Verfahren für die Gemeinde Perlin vertreten.
Der Landkreis NWM ist im Verwaltungsstreitverfahren aufgrund von Formfehlern beim Beschluss der Haushaltssatzung 2013 unterlegen. Der Landkreis musste die streitige Kreisumlage an die Gemeinde Perlin zurückzahlen und die Kosten des Verfahrens tragen.
Aufgrund der Hinweise des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig und der Urteilsbegründung des OVG Greifswald beabsichtigt der Landkreis NWM rechtssichere Heilungssatzungen für die Haushaltsjahre 2013 bis 2016 zu erlassen. Der Landkreis NWM teilt dazu mit, dass die eingelegten Widersprüche bezüglich verfahrenstechnischer Gründe haltlos und damit abzulehnen wären. Auch inhaltlich wird derzeit kein Ansatz für eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung (10-Jahres-Zeitraum) der Gemeinde Zierow gesehen, so dass der Widerspruch auch aus diesem Grund abzulehnen wäre.
Die Gemeinde Zierow hat sich von Herr Dr. Groteloh in diesem Verfahren von Beginn an rechtlich beraten lassen.
Herr Dr. Groteloh teilt mit, dass der Landkreis NWM beabsichtigt, rechtswirksame Heilungssatzungen für die vergangenen Haushaltsjahre zu beschließen. Das dürfte nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung auch möglich sein.
Im Ergebnis bestehen unabhängig von den (wohl auszuräumenden formellen Problemen mit der Satzung) drei Ansatzpunkte:
Für die Gemeinde Zierow stehen die Jahre 2015 und 2016 in Rede. Zu den drei Ansatzpunkten eines inhaltlichen Vorgehens gegen Umlagebescheide:
- Zum einen darf der Landkreis seinen eigenen Finanzbedarf nicht einseitig rücksichtslos über den Finanzbedarf der Gemeinden stellen.
Eine rücksichtslose einseitige Festsetzung des Kreisumlagesatzes ist nicht erkennbar.
- Zudem darf keine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinde vorliegen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinde vorliegt. Die Voraussetzungen sind hoch und betroffen sind nur äußerst leistungsunfähige Gemeinden. Zwar liegt die Gemeinde Zierow ab 2017 laut Rubikon zumindest im gefährdeten Bereich, allerdings werden keine Kassenkredite in Anspruch genommen und es liegen in jedem Jahr ab 2012 durchgängig liquide Mittel vor, so dass auch eine hinreichende „freie Spitze“ für (zusätzliche) freiwillige Aufgaben vorliegen dürfte. Das einmalige Defizit der laufenden Ein- und Auszahlungen in 2015 begründet noch keine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung, da für derartige Engpässe Kassenkredite vorgesehen sind, derer es in Anbetracht der Liquidität der Gemeinde nicht bedurfte. Ob sich für die Zeit ab 2018 etwas anderes ergeben kann, ist offen, denn hier sind erhebliche Defizite des Saldos der Ein- und Auszahlungen gegeben. Für die Jahre 2015 und 2016 lässt sich hieraus aber keine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung herleiten.
- Einen bisher weitgehend unbeachteten Aspekt hatte das BVerwG zudem bereits in seiner Entscheidung vom 31.01.2013 – 8 C 1/12 aufgeworfen. Es soll demnach unabhängig von einer strukturellen Unterfinanzierung unzulässig sein, dass die Kreisumlage im Zusammenwirken mit anderen Umlagen sämtliche eigenen Steuereinnahmen der Gemeinde abschöpft und damit die gemeindliche Steuerhoheit entwertet. Zu diesem Punkt hatte sich auch das BVerwG im 2. Revisionsurteil (8 C 13.21) nochmals geäußert und diese Sichtweise bestätigt.
In Bezug auf den Aspekt der Entziehung der gemeindlichen Steuerhoheit bieten sich für das Jahr 2015 Anhaltspunkte für ein erfolgreiches Vorgehen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG dürfen die Umlagen in ihrem Zusammenwirken in einem Jahr nicht die Steuerkraft der Gemeinde entwerten. Dies scheint jedoch im Jahr 2015 der Fall gewesen zu sein, da Steuereinnahmen von knapp 390 TEUR Umlagen von knapp 445 TEUR gegenüberstanden. Damit tritt die Entwertung der eigenen Steuerhoheit ein und dieser Aspekt sollte – ohne dass diesbezüglich bereits konkrete Entscheidungen bekannt wären – zur Rechtswidrigkeit der Kreisumlage 2015 führen. Das BVerwG hatte den Grundsatz mehrfach angesprochen, zuletzt im Revisionsurteil 8 C 13.21, wo es allerdings im Ergebnis mangels wirksamer Festsetzung des Umlagesatzes in der Haushaltssatzung auf diesen Aspekt nicht mehr ankam. Für das Jahr 2016 lässt sich eine derartige Entwertung der eigenen Steuerkraft demgegenüber nicht feststellen, da die Umlagen die Steuereinnahmen nicht übersteigen.
Für die Gemeinde Zierow bietet das Jahr 2015 Gelegenheit, die Kreisumlage inhaltlich auf den Prüfstand zu stellen. Es geht um knapp 277 TEUR. Nach Maßgabe dieses Streitwertes berechnen sich auch die Kosten eines gerichtlichen Vorgehens. Für die 1. Instanz vor dem Verwaltungsgericht liegt das Gesamtkostenrisiko für den Fall des vollständigen Unterliegens bei ca. 23.500 € (ca. 8.000 € eigener Anwalt und Gegenanwalt sowie ca. 7.500 € Gerichtskosten). Dass nach der 1. Instanz Schluss sein wird, ist nicht anzunehmen.
Für das Jahr 2016 dürften keine reellen (derzeit greifbaren) Möglichkeiten bestehen, die Kreisumlage erfolgreich anzufechten.
Beschlussvorschlag
Alternative 1:
Die Gemeindevertretung der Gemeinde Zierow beschließt, den Widerspruch gegen den Kreisumlagebescheid 2015 aufrechtzuerhalten und den Widerspruch gegen den Kreisumlagebescheid 2016 zurückzuziehen.
Alternative 2:
Die Gemeindevertretung der Gemeinde Zierow beschließt, den Widerspruch gegen den Kreisumlagebescheid 2015 und 2016 zurückzuziehen.
Finanz. Auswirkung
|
Beschreibung (bei Investitionen auch Folgekostenberechnung beifügen - u.a. Abschreibung, Unterhaltung, Bewirtschaftung) |
|
|
siehe Sachverhalt
|
|
|
x |
Finanzierungsmittel im Haushalt vorhanden. |
|
|
durch Haushaltsansatz auf Produktsachkonto: |
|
|
durch Mitteln im Deckungskreis über Einsparung bei Produktsachkonto: |
|
|
|
|
|
über- / außerplanmäßige Aufwendung oder Auszahlungen |
|
|
unvorhergesehen und |
|
|
unabweisbar und |
|
|
Begründung der Unvorhersehbarkeit und Unabweisbarkeit (insbes. in Zeiten vorläufiger Haushaltsführung auszufüllen):
|
|
Deckung gesichert durch |
|
|
|
Einsparung außerhalb des Deckungskreises bei Produktsachkonto: |
|
|
|
|
|
Keine finanziellen Auswirkungen. |
